Donnerstag, 21. März 2013

Von Bergen und Fremdsprachen

Als g'lernter Ösi muss ich natürlich einen Bergvergleich ziehen: Ich bin ein Couchpotato. Wenn ich mich motivieren kann, was selten genug der Fall ist, gehe ich joggen. Berge schaue ich mir am liebsten von unten an. Was sportliche Betätigung angeht, bin ich vernünftig genug zu wissen, dass ich nicht von heute auf morgen ohne Übung und Training auf den Großglockner kraxeln kann.


Bei Sprachen bin ich das leider nicht immer. Und so saß ich an meinem zweiten Esperanto-Lerntag in der Straßenbahn, widmete mich Anki und ärgerte mich maßlos über mich selbst. Ich war ja auch wirklich unfähig. Ich musste überlegen und in meinen Gehirnwindungen graben um Sätze wie « Li sedas en la domo kaj legas dum mi estas en la ĝardeno » (Er sitzt im Haus und liest, während ich im Garten bin) oder « Kio estas antaŭ ŝi sur la tablo ? » (Was ist vor ihr auf dem Tisch?) aus dem Deutschen zu übersetzen, es dauerte zu lange und nichts ging instinktiv. 

An Tag zwei. Was hatte ich erwartet? Auch wenn Esperanto zugegebenermaßen eine watscheneinfache Sprache ist, so automatisiert sie sich nicht über Nacht, sondern durch üben. Wie Khatzumoto von AJATT so richtig schreibt, Sprachen lernt man nicht, man gewöhnt sich an sie. Und Gewöhnung erfordert Zeit und Übung. Doch statt mich darüber zu freuen, dass ich nach zwei Tagen schon solche Sätze basteln kann, ärgerte ich mich darüber, dass es nicht schnell genug ging.

Ein Grund dafür, warum ich mit vielen Sprachen geflirtet, aber nur eine langfristig und gut gelernt habe, ist, dass ich unrealistische Erwartungen an mich selbst hatte. Eine Sprache zu lernen dauert und man muss was tun dafür, und sei es nur die Hauptabendnachrichten in der Fremdsprache statt der eigenen Sprache zu schauen. Bücher zu lesen, Filme zu gucken und sich eine Umgebung zu schaffen, in der die Fremdsprache ihren Platz hat. Sich an eine Sprache zu gewöhnen geht nicht von heute auf morgen. Und dann hat man manchmal das Gefühl, es geht gar nix weiter. Man lernt, übt, hört, schreibt - und kann sich immer noch nicht vernünftig ausdrücken.

Dabei übersieht man oft die wirklichen Fortschritte. Ich hatte gerade so einen Anfall von »bei meinem Slowakisch geht auch nix weiter«. Dann schnappte ich mir ein slowakisches Buch (»V tieni Moskvy« von Daniel Silva), schlug es auf und staunte. Der erste Absatz lautet:

Invázia sa začala ako zvyčajne koncom decembra. Prichádzali z údolia Rhôny po kľukatej strmej ceste v karaváne opancierovaných áut, pristávali na zradnom horskom letisku v helikoptérach a súkromných lietadlách. Miliardári, bankári, ropní magnáti, oceliari, supermodelky a rozmaznané deti zbohatlíkov, novej ruskej elity. Prúdili do luxusných apartmánov v hoteloch Cheval Blanc a Byblos, ovládli všetky veľké súkromné chaty pozdĺž rue de Bellecôte. V nočnom klube Les Caves usporadúvali súkromné večierky trvajúce až do rana, plieili elegantné obchody v La Croisette.

Okay, ich habe es vor einiger Zeit auf deutsch gelesen und weiß im Groben worum es geht. Trotzdem: ich konnte die ersten zwei Seiten lesen. Ich verstand nicht jedes Wort und jede Endung, doch ich konnte der Handlung folgen. Nach acht Monaten on-and-off lernen und dreizehn Wochen ernsthaften Lernens eigentlich ganz gut. Und ein wirklicher Fortschritt.

Genau diese kleinen Erfolgserlebnisse sind es, die die Motivation zurückgeben und die einem zeigen, dass es keinen Stillstand gibt. So lange man »was tut«, bewegt sich was. Auch wenn man noch nicht am Gipfel des Großglockners angekommen ist, es geht stetig bergauf und wenn man weitergeht, irgendwann ist man da. Das Geheimnis des Sprachenlernens: weitermachen.

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